Ein Bild sagt mehr als 1 000 Worte, heißt es. Ein Spruch, der seine Richtigkeit auch dadurch zu bestätigen scheint, dass er so abgegriffen ist. Auf solche Worte kann man getrost pfeifen.
In Fred Schepisis romantischer Komödie Words and Pictures wird der alte Spruch gleich mehrmals zitiert – was ein Indiz dafür ist, dass es mit der Debatte, die im Film geführt wird, was denn mächtiger sei, das Bild oder das Wort, vielleicht nicht allzu weit her ist. Dabei wäre der Film, diese mediale Fressmaschine, die sich alle Künste einverleibt, die Literatur ebenso wie die bildende Kunst, das Dramatische oder die Musik, das ideale Medium für einen solchen Streit. Aber auch die Bilder von Words and Pictures sind nicht so überwältigend, dass sie als Argumente im Bilder-Wörter-Kampf wirklich zählen würden.
Vielleicht ist der Streit ja vor allem ein Vorwand, um einen romantischen Geschlechterkampf zu inszenieren. Clive Owen spielt den männlichen Part, den Schriftsteller und Englischlehrer Jack Marcus, der die Worte liebt, mit Verve berühmte Schriftsteller zitiert und Wortspiele erfindet – der als Autor selbst aber verstummt ist. Seine guten Jahre als Schriftsteller sind vorbei. Um seine Schreibblockade zu vergessen, trinkt er zu viel, was seinem Arbeitgeber, der Schulbehörde, nicht verborgen geblieben ist.
Owen, der ein Profikiller war in Die Bourne Identität (2002) und ein Interpol-Fahnder in The International (2009), der König Arthur spielte (2004) und einen Golden Globe bekam für seinen Part in Hautnah (2004), hat seinen Sexappeal etwas heruntergedimmt und mit einer Spur Post-Midlife-Crisis-Verwahrlosung gepaart für diese Rolle. Die Leidenschaft, die er ausstrahlen kann, aber befeuert den Bilder-Worte-Krieg: Wenn er vor seinen Schülern eine Collage berühmter Reden improvisiert, mit Lincoln-, Jefferson- und Martin-Luther-King-Zitaten, dann vermittelt sich plötzlich die Macht der Worte, die bekanntlich immer wieder die Welt verändert haben.
Marcus’ Sparringspartnerin, das Ziel seiner Neckereien und erotisch grundierten Attacken, ist die Malerin Dina Delsanto, der Juliette Binoche ihr bildschönes Gesicht und ihre Ausstrahlung von Verletzlichkeit leiht. Aufgrund einer schweren Rheuma-Erkrankung kann Dina, die Marcus immer nur mit ihrem Nachnamen Delsanto ruft, ihre künstlerische Arbeit kaum noch ausüben. Ihre Hände gehorchen ihr nicht mehr, sie kann den Pinsel kaum noch halten. Weil sie auch im Alltag nicht mehr alleine zurechtkommt, ist sie zu ihrer Schwester nach Neuengland gezogen, kommt an die Privatschule, wo Marcus unterrichtet. Und auch sie ist eine Überzeugungstäterin: »Worte sind Lügen, Worte sind Fallen«, erklärt sie ihrer Schulklasse. Woraufhin ihr Marcus den »Krieg« erklärt und einen Wettstreit der Schüler ins Leben ruft: Wörter gegen Bilder.
Der Australier Fred Schepisi, der unter anderem Roxanne (1987), Das Russland-Haus (1990) oder zuletzt Es bleibt in der Familie drehte, ist ein solider Handwerker, der mit Words and Pictures eine einigermaßen unterhaltsame Komödie inszeniert hat, die ihre prickelnden Momente hat. Er lässt seine nicht mehr jungen Stars herrlich funkeln, in Rollen, die das Altern und den damit verbundenen Verlust an Möglichkeiten, an Schaffenskraft und Kreativität thematisieren. Für ein nicht mehr ganz junges Publikum hat dieser Aspekt sicher einen besonderen Reiz.
So sophisticated, wie der Film sein will, ist er allerdings bei weitem nicht. Die Annäherung von Delsanto und Marcus ist Komödienstandard, nach dem Motto »Gegensätze ziehen sich an«. Und ein paar Nebenhandlungen sind ziemlich banal, wie auch die Schüler überwiegend klischeehaft als Smartphone-Dumpfbacken gezeichnet sind. Marcus ruft den Wettstreit auch deshalb ins Leben, um diese Schüler (angeblich Eliteschüler) aus ihrer Denkfaulheit zu reißen. Das Ergebnis des Wettbewerbs schließlich darf man auf keinen Fall auch nur mit einer durchschnittlichen Facharbeit an einem deutschen Gymnasium vergleichen, so schlicht ist die Argumentation. Auch formal wird der Wettstreit im Film kaum aufgenommen. Schepisi argumentiert mit Worten, mit Dialogen, mit Plot – die Bilder sind sekundär. Die Entwicklung, die Dina Delsanto als Malerin durchmacht, die – weil sie ihre figurativen Bilder nicht mehr malen kann – sich der Abstraktion zuwendet und anderen Maltechniken, wird überzeugend dargestellt. Etwa wenn Binoche auf einem Drehstuhl liegend mit dickem Pinsel Farbe auf Papier wirft. Tatsächlich hat die Schauspielerin die Delsanto zugeschriebenen Bilder selbst gemalt. Diese Bilder sind nicht schlecht, und sie werden im Film mit viel bewunderndem Staunen hergezeigt. Die Wucht, die Gemälde, Fotografien oder Filmbilder haben könnten, vermögen sie aber nicht ansatzweise zu vermitteln.
Wie hinreißend treffend Wörter und Bilder sein können, vermitteln am ehesten einige Wortgefechte zwischen Delsanto und Marcus. »Hier mein Wort«, sagt er zu ihr: »Arroganz«. Und sie kontert mit einem Bild: ihrer herausgestreckten Zunge, dazu ein Pupsgeräusch. Es ist ein Vergnügen, diesen beiden Hauptdarstellern zuzusehen. In solchen Momenten, die Schepisi schwungvoll, leicht, mit viel Rhythmus inszeniert, ist das Champagnerprickeln der Screwball-Komödien, die sich der Regie-Veteran sichtlich zum Vorbild genommen hat, zumindest zu ahnen. Vor allem Binoche verleiht ihrer Figur darüber hinaus unerwartete Farbe und Tiefe. Sie ist das Beste an diesem Film – und vielleicht ja Grund genug, sich dieses Komödienleichtgewicht anzusehen.